Die Gründung des Kreises Recklinghausen

In den Jahren 1807 bis 1814 werden unter der Leitung von Karl Freiherr vom Stein und Karl August Fürst von Hardenberg als Reaktion auf die Niederlage Preußens gegen Napoleon die sogenannten „Preußischen Reformen“ auf den Weg gebracht. Sie bewirken einen Modernisierungsschub, der die endgültige Auflösung mittelalterlicher Strukturen vorantreibt: ständische Bindungen und damit das Zunftwesen und die Gutsuntertänigkeit werden aufgebrochen. An ihre Stelle tritt eine straff organisierte Verwaltungsstruktur mit dem Ziel der Selbstverwaltung von Provinzen, Kreisen und Kommunen.

Die Niederlage Napoleons in der Schlacht bei Waterloo im Jahr 1815 markiert das Ende der napoleonischen Herrschaft und damit das Ende des französischen Kaiserreichs. Auf dem Wiener Kongress, der von September 1814 bis Juni 1815 stattfindet, wird die politische Landkarte Europas völlig neu geordnet und das Zeitalter der Restauration beginnt.

Am 10. August 1816 entstehen infolge der gesamteuropäischen Entwicklungen und der Stein-Hardenberg‘schen Reformen im Regierungsbezirk Münster zehn Landkreise.

Einer der zehn Landkreise im Regierungsbezirk Münster ist der Kreis Recklinghausen, der das ehemalige kurkölnische Vest zwischen Lippe und Emscher und die zuvor zum münsterschen Amt Ahaus gehörende Herrlichkeit Lembeck nördlich der Lippe umfasst. Zum Kreisgebiet gehören zu dieser Zeit die Städte Recklinghausen und Dorsten sowie 28 Landgemeinden. Die Zugehörigkeiten der Städte und Gemeinden und damit das Kreisgebiet sind in den darauffolgenden Jahrzehnten jedoch durch das Ansteigen der Einwohnerzahl und fortwährende Gebietsreformen einem ständigen Wechsel unterlegen.

Im Jahr 1816 hat der Kreis Recklinghausen eine Fläche  von 782 Quadratkilometern. Eine Einwohnerzählung im Kreisgebiet aus dem Jahr 1818 ergibt eine Einwohnerzahl von rund 38.400 Menschen. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts und darüber hinaus sind die meisten von ihnen in der Landwirtschaft tätig. Auf dem fruchtbaren Recklinghäuser Landrücken, der von Osterfeld über Recklinghausen bis Datteln verläuft, sowie in den Flusstälern der Emscher und Lippe finden sie ertragreichen Acker und gute Weiden.

Erster Landrat des Kreises Recklinghausen wird Wilhelm Ludwig Josef Graf von Westerholt. Unmittelbar nach 1816 sind seine Aufgaben noch überschaubar: von seinem Schloss in Westerholt aus führt er nur mithilfe eines Kreissekretärs, eines Kreiskopisten und eines Kreisboten die Geschäfte des Kreises. Der Graf von Westerholt wie auch sein Nachfolger Friedrich Karl Devens, der im Jahr 1830 das Landratsamt übernimmt und die Geschäfte von seinem Gut Welheim aus leitet, verstehen sich als Landräte noch ganz als ausführendes Organ des Königreichs Preußen. Von der kommunalen Selbstverwaltungsfreiheit ist das Landratsamt noch einige Jahrzehnte entfernt.

Mit dem Aufschwung der Kohleindustrie im Ruhrgebiet und der Emscher-Lippe-Region ab Mitte des 19. Jahrhundert steigt die Bevölkerungszahl im Kreis Recklinghausen rapide an. Etwa hundert Jahre später, im Jahr 1928, zählt der Landkreis schon rund 166.000 Einwohner.

Im Laufe der 200-jährigen Geschichte des Kreises Recklinghausen wandelt sich seine Gestalt fortwährend: Städte scheiden aus dem Kreisgebiet aus, neue kommen hinzu, Gebietsreformen verändern die Fläche des Kreisgebietes. Nach der letzten Gebietsreform im Jahr 1975/76 gehören zum Kreis Recklinghausen heute die zehn Städte Castrop-Rauxel, Datteln, Dorsten, Gladbeck, Haltern am See, Herten, Marl, Oer-Erkenschwick, Recklinghausen und Waltrop.

Noch heute ist der Kreis Recklinghausen mit rund 610.000 Einwohnern der bevölkerungsreichste Kreis Deutschlands.